Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Mitglieder des Versorgungswerks,
in der Vertreterversammlung vom 12. Juli 2025 ist eine Auseinandersetzung deutlich geworden, die grundlegende Fragen zur Funktionsweise und Verfasstheit unserer Selbstverwaltung berührt. Im Zentrum steht die Frage, wer für die Einberufung der Vertreterversammlung und die Festlegung der Tagesordnung satzungsgemäß zuständig ist.
In meinem Amt als vorsitzendes Mitglied der Vertreterversammlung des VZB vertrete ich die Rechtsauffassung, dass mir gemäß § 3 Abs. 3 der Satzung und der geltenden Geschäftsordnung die Einberufung obliegt – einschließlich der Verantwortung für die Tagesordnung. Fristgerecht eingereichte und satzungsgemäße Anträge sind demnach aufzunehmen.
Demgegenüber wird von Seiten des Aufsichtsausschusses, des Präsidenten der Zahnärztekammer Berlin sowie der Senatsaufsicht die Auffassung vertreten, dass die Tagesordnung ausschließlich vom Aufsichtsausschuss zu beschließen sei. Zur Begründung wird insbesondere auf eine vermeintlich „gelebte Praxis“ der Vergangenheit verwiesen, in der der Aufsichtsausschuss die Tagesordnung beschlossen und das vorsitzende Mitglied diese lediglich versendet habe.
Diese Argumentation ist aus meiner Sicht nicht tragfähig. Eine Verwaltungspraxis ersetzt keine Satzungsnorm. Weder wurde diese Praxis formell beschlossen, noch ergibt sich aus der Satzung ein Vetorecht des Aufsichtsausschusses gegenüber der Vertreterversammlung. Die Berufung auf „Gepflogenheiten“ ist ein schwaches Fundament, wenn satzungsrechtliche Fragen eindeutig zu klären sind.
Hinzu kommt: In der Vertreterversammlung wurde für alle sichtbar, dass zwischen der Senatsaufsicht, Teilen des Aufsichtsausschusses und dem Kammerpräsidenten eine enge inhaltliche Abstimmung bestand. Diese Koordination diente offenkundig dem Ziel, die Aufnahme bestimmter Tagesordnungspunkte – insbesondere zur Abberufung und Nachwahl von Mitgliedern des Verwaltungsausschusses – zu verhindern.
Solche strukturellen Verflechtungen gefährden die Unabhängigkeit der Gremien und untergraben das Vertrauen in die Selbstverwaltung. Wenn Aufsicht, Kontrolle und Kammerführung inhaltlich einheitlich auftreten, entsteht der Eindruck eines Machtblocks, der den demokratisch gewählten Vertreterinnen und Vertretern die Möglichkeit entzieht, ihre Aufgaben frei auszuüben.
Ich halte es daher für notwendig, diesen Vorgang offen zu benennen und eine vollständige juristische wie organisatorische Klärung einzufordern. Es geht nicht um Personen, sondern um Prinzipien: Die Vertreterversammlung muss handlungsfähig bleiben. Ihre Zuständigkeiten dürfen nicht durch informelle Abstimmungen anderer Gremien faktisch außer Kraft gesetzt werden.
Ich danke allen, die sich für eine transparente, satzungstreue und unabhängige Selbstverwaltung einsetzen.
Mit kollegialen Grüßen
Dr. H. Dohmeier-de Haan
Anhang : Unterstützende Zitate zur rechtlichen Bewertung
1. Satzung des VZB
§ 3 Abs. 3 Satz 1:
„Die Vertreterversammlung wird von ihrem vorsitzenden Mitglied einberufen.“
§ 4 Abs. 4 Nr. 5:
„Der Aufsichtsausschuss hat folgende Aufgaben: die Vorbereitung der Vertreterversammlung nebst Tagesordnung.“
2. Dombert-Gutachten
„Die Satzung weist dem vorsitzenden Mitglied der Vertreterversammlung ausdrücklich die Kompetenz zur Einberufung zu. Daraus ergibt sich, dass ihm auch die Verantwortung für Zeitpunkt, Form und Tagesordnung obliegt, soweit keine abweichende Regelung besteht.“
„Die Mitwirkung des Aufsichtsausschusses an der Vorbereitung der Vertreterversammlung begründet kein Zuständigkeitsvorrang und kein Vetorecht gegenüber dem Vorsitz der Vertreterversammlung.“
3. Kluth-Gutachten
„Die in der Satzung vorgesehene Beteiligung des Aufsichtsausschusses an der Vorbereitung ist keine ausschließliche Kompetenz, sondern eine unterstützende Mitwirkungsaufgabe.“
„Eine gelebte Praxis kann eine satzungsmäßige Zuständigkeitsverteilung nicht ersetzen. Rechtsaufsichtliche Bewertungen müssen sich an der Norm, nicht am Gewohnheitsrecht orientieren.“